„Mist“, sagte Leon. Wo waren denn jetzt die bescheuerten fünf Euro hingekommen? Er schaute noch mal in alle Hosen- und Jackentaschen … nichts. Fluchend setzte er den Rucksack ab, kniete sich hin und durchsuchte hektisch alle Fächer, sein Etui, schließlich schüttelte er sogar seine Hefte aus. Doch der fünf-Euro-Schein war und blieb verschwunden.Leon biss sich auf die Lippen. Mit 13 war man echt zu groß, um mitten in der Fußgängerzone loszuheulen, aber er musste schon ziemlich tüchtig schlucken. Er hatte sich die Summe über die letzten 5 Wochen von seinem ohnehin spärlichen Taschengeld abgeknapst. Er bekam gerade mal zwei Euro an jedem Samstag, was viel zu wenig war. Aber er wusste, dass seine Mutter sich wirklich krumm machte, um ihm überhaupt Taschengeld zu ermöglichen. Er wollte schon lange Prospekte austragen, aber da machte seine Mutter ihm einen Strich durch die Rechnung. Sie meinte, dass er noch zu jung wäre und sich in seiner freien Zeit lieber auf die Schule konzentrieren sollte. Pffft. Leon wartete sehnsüchtig auf seinen 14. Geburtstag Ende Januar, denn ab da konnte er endlich beim Lebensmittelmarkt um die Ecke ein paar Stunden mithelfen, die Zusage hatte ihm Herr Maurer schon im Sommer gegeben, und auch seine Mutter hatte sich breitschlagen lassen. Er verstand zwar nicht ganz, warum er nicht jetzt schon anfangen konnte, denn die paar Wochen machten nun auch keinen Unterschied, oder? Aber seine Mutter ließ nicht mit sich reden, und so musste er weiterhin mit den paar Talern hinkommen und seinen Freunden Geschichten von „total viele Süßigkeiten gekauft“, oder „ich hab meiner Schwester Geld geliehen und sie hat es mir noch nicht zurückgegeben“ oder erfundenen Anschaffungen vorlügen, damit nicht jeder wusste, wie wenig Geld sie hatten. Leon war mittlerweile ein echter Profi darin, sich Geschichten auszudenken. So lud er auch nie jemanden zu sich nach Hause ein, sondern fuhr immer nur zu seinen Freunden. Alle paar Wochen verabredete er sich mit dem ein oder anderen Kumpel bei sich zuhause, rief dann aber eine halbe Stunde vorher an und erzählte, dass seine Mutter Kopfschmerzen hätte und sich hinlegen wollte, worauf seine Kumpel dann immer sagten: „Okay, dann treffen wir uns eben bei mir.“ Bisher hatte das gut funktioniert, und seine Freunde dachten nur, dass seine Mutter öfter mal krank sei. Besser, als wenn sie wüssten, dass er sich mit seiner elfjährigen Schwester ein winziges Zimmer teilte, dass er weder Wii noch Playstation hatte und ihr Fernseher ein uraltes Modell ihres Nachbarn war, das er eigentlich entsorgen wollte.
Herr Maurer zögerte kurz und sagte dann: „Leon, du weißt … deine Mutter ...“„Ich will ja keine Bezahlung dafür“, sagte Leon schnell. „Ich bin doch aber eh gerade hier und kann Ihnen kurz aushelfen, da ist doch nichts dabei.“„Na gut … ich kann deine Hilfe wirklich gebrauchen. Meld' dich, wenn du fertig bist, ja?“, sagte Herr Maurer sichtlich erleichtert, und schon ging er im schnellen Schritt Richtung Lagerraum.Leon machte sich zielstrebig an die Arbeit, sortierte, räumte um, richtete die Verpackungen ordentlich aus und achtete die ganze Zeit penibel darauf, dass die Produkte gekühlt blieben. Mann, dieser Azubi war anscheinend echt eine Pfeife und hatte die Sachen einfach nur blind in die Kühlschränke gestopft. Nach einer knappen Stunde hatte Leon alles aufgeräumt. Kefir und Buttermilch standen wie die Zinnsoldaten in Reih und Glied, die Milch war dort, wo die Etiketten es anzeigten, und im Joghurtregal hatte er gleich auch noch ein bisschen Klarschiff gemacht. Seine kalt gewordenen Hände reibend ging Leon zum Lager. „Herr Maurer?“, rief er halblaut, worauf der Gerufene zwischen zwei Regalen auftauchte. „Schon fertig? Super, Leon, vielen Dank, du hast mir wirklich geholfen. Ich freue mich schon darauf, wenn du bald regelmäßig hier mit anpackst. Auf dich kann ich mich wenigstens verlassen. Sag mal, ich kann dir ja kein Geld geben, aber guck mal hier, das sind alles Sachen, die noch gut sind, die ich aber den Kunden nicht anbieten kann. Äpfel mit minimalen Druckstellen, Bananen mit Flecken, Aufschnitt und Käse, bei denen das MHD morgen erreicht ist … alle sowas. Nimm einfach, was du gerne magst und was du gebrauchen kannst, warte, ich hole dir eine Tüte.“Bald drückte Herr Maurer ihm eine große Tüte in die Hand und eilte gleich wieder in den Laden zurück. Leon packte so viel in die Tüte, wie hineinpasste … Mann, das war sein Glückstag, sogar diese Schoko-Wölkchen-Dinger, die Birte für ihr Leben gern aß, waren dabei. Und – er konnte es kaum glauben – eine komplette Packung Räucherlachs, die morgen ablief. Seine Mutter würde durchdrehen vor Freude. Leon bedankte sich noch mal bei Herrn Maurer, packte die Tüte auf den Gepäckträger und malte sich auf dem kurzen Heimweg aus, was für ein Gesicht seine Mutter machen würde, wenn sie seine 'Schätze' sah. Doch es sollte anders kommen ...
Almosen oder gut gemeinte Taten?
Schlimmer als ihm ging es seiner Schwester Birte. Sie war fast 12 und bei ihren Freundinnen drehte sich alles um Klamotten und Schminke. Leon wusste, wie weh es ihr tat, wenn ihre Freundinnen mit Tüten von billigen Klamottenläden bepackt eingehakt durch die Fußgängerzone zogen und zuhause alles in ihre ohnehin schon überquellenden Schränke stopften. Aber auch Birte kannte sich mit Notlügen aus: Sie sagte, ihre Mutter würde ihr ebenso verbieten, sich zu schminken, wie in diesen Läden einzukaufen, die in anderen Ländern billig produzierten. Glücklicherweise hatte ihre Nachbarin eine Tochter in Leons Alter und so bekam Birte öfter mal deren aussortierte Klamotten.Leon wusste, dass ihre Mutter sich furchtbar dafür schämte, diese aussortierten Kleidungsstücke – sogar Markenklamotten waren dabei – ohne Gegenleistung anzunehmen. Doch waren diese fast regelmäßigen Gaben bitter nötig, denn für Anziehsachen blieb jeden Monat fast nichts mehr übrig. Leon war nicht anspruchsvoll, er trug Jeans und Hoodies und es fiel niemandem auf, dass er dieselben zwei Sweatshirts im regelmäßigen Wechsel trug – die anderen Jungs machten das ja auch nicht anders. Glücklicherweise war ihre Nachbarin Mona Kramer richtig nett und stellte das immer so dar, als wenn Leons Mutter ihr damit einen großen Gefallen tun würde, weil sie die Sachen dann „in guten Händen“ wüsste. Frau Kramer ahnte allerdings, wie es bei ihnen zuging, und ab und an brachte sie auch Lebensmittel vorbei. Dann stand sie zum Beispiel mit zehn Eiern vor der Tür und sagte: „Meine Schwester war heute zu Besuch, die mit dem Bauernhof, und sie hat mir 20 Eier mitgebracht. Ich habe gerade selbst welche gekauft, könnt ihr mir wohl ein Paket abnehmen? Sonst werden die noch schlecht.“Leon wusste genau, dass niemand zu Besuch gekommen war, denn er war den ganzen Nachmittag zuhause gewesen. Aber er wusste, dass Frau Kramer einkaufen gegangen war und sie anscheinend extra eine Packung Eier mitgebracht hatte. Manchmal kaufte sie wohl auch die Sachen, deren Haltbarkeitsdatum bald erreicht waren und die es im Laden immer zum halben Preis gab. Dann stand sie scheinbar zerknirscht vor der Tür und sagte: „Ich habe wieder viel zu viel Joghurt eingekauft, und nun läuft bald das Haltbarkeitsdatum ab … mögt ihr mir vielleicht was abnehmen, bevor es schlecht wird?“Und natürlich nahmen sie immer gerne etwas ab. Schließlich hatten sie gerade am Monatsende oftmals fast nichts mehr im Kühlschrank. Seine Mutter unterhielt sich mit Frau Kramer dann immer noch kurz, sagte Dinge wie: „Ja, mir passiert das auch manchmal, vor allem, wenn im Kühlschrank was ganz hinten steht, hinter all den anderen Sachen, dann vergisst man das schon mal ...“, und nahm die Dosen und Packungen entgegen. Doch wenn sie die Wohnungstür schloss, lehnte sie sich meist kurz dagegen, schloss die Augen und bekam einen sehr verkniffenen Zug um den Mund. Einmal hatte sie leise "Almosen ... so weit ist es schon gekommen." geflüstert. Dann straffte sie sich, ging in die Küche und räumte die Dinge weg, wobei sie meistens etwas mehr Lärm machte, als nötig gewesen wäre. Auch hier nur Lügen, so weit man blickte. Manchmal hatte Leon echt die Nase voll, wollte sich am liebsten in den Treppenflur oder in seine Klasse stellen und laut schreien: „Ja, wir sind arm. Wir haben kaum Geld. Meine Mutter arbeitet sich die Füße wund, verteilt morgens früh die Zeitung, geht dann am Vormittag ins Büro und an zwei Nachmittagen noch putzen, aber das reicht hinten und vorne nicht! Ihre größte Sorge ist, dass unsere Waschmaschine bald den Geist aufgibt.“ Doch helfen würde das niemandem, also spielte er lieber weiter mit und wartete auf den Tag, an dem er endlich mehr zum Haushalt beitragen konnte, als ab und an mal für die alte Frau Kramer das Glas und Papier zu entsorgen und dafür 50 Cent von ihr zu bekommen.Geld weg – Traum vorbei
Doch das alles half ihm jetzt nicht weiter. Jetzt stand er mitten in der Fußgängerzone vor der Drogerie, und sein zusammengekratztes Geld war weg. Und nun? Bis Weihnachten waren es nur noch ein paar Tage, unmöglich, jetzt noch den nötigen Betrag zusammenzukriegen. Aus der Traum, seiner Schwester wenigstens ein Mal etwas Richtiges zu schenken. Leon stand bedröppelt da und hatte keine Ahnung, was er nun tun sollte.Mit ihren knapp 12 Jahren wusste Birte zwar genau, dass es ihnen finanziell richtig mies ging, aber sie war auch noch Kind genug, um sich aus ganzem Herzen etwas zu Weihnachten zu wünschen. Ein echtes Geschenk, das man langsam auspacken konnte, während man sich fragte, was wohl drinstecken könnte. Etwas, das man nicht wirklich brauchte, aber einfach gerne haben wollte. Die letzten Jahre über hatten Leon, Birte und seine Mutter sich stillschweigend auf selbstgemachte Geschenke geeinigt. Das hatte dazu geführt, dass ihre Mutter nun einen Stapel Gutscheine besaß, von denen sie bis an ihr Lebensende zehren konnte. Von „Ein Mal staubsaugen“ über „Die Küche machen“ bis „Treppenhaus wischen“ war alles vertreten, was im Haushalt zu erledigen war. Auch Fußmassagen oder „Eine halbe Stunde absolute Ruhe“ hatten sie schon verschenkt. So langsam war das Feld mehr als gründlich abgeerntet. Aber trotzdem war ihre Mutter jedes Jahr aufs Neue begeistert, sah sich die Gutscheine genau an, lobte hier die schöne Handschrift oder dort die kreative Formulierung und drückte ihre beiden Kinder fest – manchmal ein wenig zu fest – bevor sie die Gutscheine sorgsam in ihre Nachttischschublade legte. Und jedes Jahr blieb sie ein wenig zu lange im Schlafzimmer, und wenn sie wieder herauskam, waren ihre Augen gerötet. Natürlich taten alle drei so, als würden sie nichts bemerken, und machten mit der „Bescherung“ weiter.Nun überreichte ihre Mutter jedem Kind einen handgeschriebenen Brief, in welchem sie das vergangene Jahr Revue passieren ließ. Dafür machte sie sich jeden Monat ein paar Stichworte und beschrieb die wunderschönen, aber auch manchmal schwierigen Momente, die Birte, Leon, oder alle drei gemeinsam erlebt hatten. Die Briefe waren immer wunderbar dekoriert, denn ihre Mutter war gelernte Grafikerin, und sie hatte das Talent, mit wenigen Strichen ihre Kinder so zu skizzieren, dass man sie auch als kleine Comicfiguren sofort erkannte. Beide Kinder hüteten diese Briefe wie einen großen Schatz, und Leon hatte sich mit Birte zusammen vor ein paar Jahren eine Packung mit Klarsichthüllen geleistet, damit die Briefe so wenig Schaden wie möglich nahmen. Weder Birte noch er hatten jemals irgendwem von diesen Briefen erzählt, das war wie eine stillschweigende Übereinkunft. Und merkwürdigerweise machten diese liebevollen Fragmente des vergangenen Jahres auch den ersten Schultag nach den Weihnachtsferien erträglich, wenn alle sich gegenseitig in Schilderungen der neuen Konsolen, Smartphones, Longboards oder Markenklamotten überboten, die sie zu Weihnachten bekommen hatten. Jedenfalls ging ihm das so – was Birte darüber dachte, konnte er nicht einhundertprozentig einschätzen.Liebevolle Worte statt Geschenke
Auch Birte nahm die Briefe öfter zur Hand. Dann kuschelte sie sich in ihr Bett, zog den Vorhang zu, der ihrer kleinen Zimmerhälfte wenigstens ein bisschen Privatsphäre verschaffte, und suchte in ihrem Radiowecker nach einem schönen Lied. Birte las über vergangene Ereignisse, kicherte über Sprüche, die sie als kleines Kind gemacht hatte und besah sich wieder und wieder die Zeichnung von ihrem kleinen Ich mit der selbstgemachten Schultüte in der Hand, strahlend und stolz mit ihrer kleinen Zahnlücke. Sie wusste noch, wie aufgeregt sie nach dem ersten Schultag die Schultüte ausgepackt hatte, und dass ihr Herz fast stehengeblieben war, als sie die Armbanduhr entdeckte, inmitten von Buntstiften, einem bunten Etui, einem Glücksbringer-Elefanten aus Stoff und natürlich vielen Süßigkeiten. Ihre Oma, der sie das alles zu verdanken hatte, war zum Kaffeetrinken mit dabei und freute sich sehr, als Birte ihr stürmisch um den Hals fiel. Doch nun wohnte Oma in einem Altersheim und wusste nicht mal mehr, dass sie Enkelkinder oder eine Tochter hatte. Darüber könnte Birte immer genau so sehr weinen, wie über die Stelle in dem Brief zwei Jahre später, als sie in die kleinere Wohnung umziehen und darum ihren geliebten Hund Trixi ins Tierheim geben mussten. Trotzdem überwogen die guten Erinnerungen die traurigen bei weitem, und Birte war mit ihrem Leben gar nicht allzu unglücklich.Leon und Birte schenkten sich gegenseitig meist eine selbstgebastelte Karte, auf der sie den Satz „Ich mag dich, weil ...“ möglichst kreativ ergänzten. Letztes Jahr hatte Birte doch tatsächlich geschrieben: „Ich mag dich, weil deine Püpse nicht so stinken wie die von anderen großen Brüdern.“Daraufhin musste Leon sie natürlich durch die kleine Wohnung jagen, einfangen und furchtbar kitzeln. Aber da er geschrieben hatte. „Ich mag dich, weil ich mich neben dir nie hässlich fühlen muss.“, konnte er sich wohl nicht beklagen. Dabei hatte er seine Schwester wirklich gern und bewunderte sie dafür, wie gut sie sich in ihre Situation fügte. Nie beklagte sie sich darüber, dass sie nicht mit den anderen ins Kino oder zum Schwimmen konnte, nie erzählte sie verbittert, dass ihre Freundin mal wieder 50,- Euro für Klamotten ausgegeben hatte, von denen sie die meisten sowieso nie anziehen würde. Genau darum wollte Leon ihr dieses Jahr mal etwas kaufen, worüber sie sich so richtig freuen würde ... und er wusste auch genau, was.Eigentlich war es eine alberne Kleinigkeit, aber er wusste, wie oft Birte schon davon geträumt hatte. Es war ein völlig kitschiges Sprüh-Deo, das irgendeine von diesen Youtube-Bloggerinnen auf den Markt gebracht hatte. Sonder-Edition „Funky Xmas!“ oder so, es sollte duften, „wie ein zauberhafter Weihnachtsmarkt in einer Winternacht.“ Brrr, Leon schüttelte sich. Absolut nicht seine Duftrichtung. Aber er wusste, wie sehr sich Birte danach sehnte, nach einer Sportstunde lässig das Deo aus ihrem Turnbeutel zu ziehen und sich genau so damit einzudieseln, wie ihre Freundinnen das immer mit ihren Sprühdeos machten. Dieses Deo gab es im Geschenk-Set, zusammen mit einem kleinen zimtfarbenen Glitzernagellack, für genau 4,99 Euro. Ein totaler Wucherpreis, und das nur, weil vorne drauf so eine blonde Tusse mit Nikolausmütze dösig grinste. Aber Leon hatte sich schon so oft vorgestellt, wie verblüfft Birte am Heiligabend sein würde, wenn sie ein richtiges Päckchen entdeckte und nicht den üblichen Umschlag. Er hatte abends im Bett gelegen und sich ausgemalt, wie Birte das Einwickelpapier der Drogerie vorsichtig entfernen würde, und wie sie dann in einen Freudenschrei explodierend durchs Zimmer tanzen würde. Oder wäre sie vor Überraschung ganz stumm? Bei Birte wusste man ja nie. Eigentlich hatte Leon begonnen das Geld zu sparen, weil er dieses Jahr seiner Mutter etwas kaufen wollte. Doch als Birte mal beim Essen betont beiläufig von diesem Deo erzählte, das ihre Lieblings-Youtuberin bald herausbringen würde, und das jetzt schon das Gesprächsthema Nummer eins unter ihren Freundinnen war, hatte er sofort beschlossen, das Geld für seine kleine Schwester auszugeben – seiner Mutter konnte er immer noch nächstes Jahr etwas schenken, wenn er seinen Job bei Herrn Maurer hatte. Genau geplant und eingefädelt hatte er alles, sogar Birtes Wunsch, mit ihm in der Stadt zu bleiben nach der Schule, hatte er abgeschlagen, damit er allein in diese Drogerie gehen konnte. Und nun stand er hier, fand das bescheuerte Geld nicht, und sein ganzer schöner Plan löste sich in Luft auf. Leon merkte richtig, wie alle Energie aus ihm floss und seine Schultern runtersackten. Langsam hob er seinen Rucksack wieder auf.Sind Leons Geschenkpläne zunichte gemacht?
Er schaute durch die Schaufensterscheibe in die Drogerie hinein, in der sich viele Menschen an den Regalen drängten. Gerade jetzt betrat eine Mädchengruppe die Drogerie, jedes der vier Mädels schnappte sich einen Korb, und fröhlich schwatzend probierten sie hier einen Duft aus, testeten dort einen Lippenstift, berieten sich gegenseitig zu Lidschattenfarben und Haarpflegeprodukten, während sie ein Teil nach dem anderen in ihre Körbe packten. Fast wie in Trance war Leon ihnen gefolgt und fand sich plötzlich neben einer dichten Traube aus Mädchen zwischen 10 und 14 Jahren, die sich um einen weihnachtlich dekorierten Tisch drängten. Ein riesiges Foto von Birtes Lieblings-Bloggerin stand auf einem kleinen Podest, und direkt davor türmten sich die kleinen Päckchen mit dem Set aus Sprühdeo und Nagellack. Zwei Deoflaschen waren zum Testen freigegeben, und die Luft kam ihm schon ganz klebrig vor von dem zuckersüßen Duft. Hatte er es doch geahnt, dass es furchtbar riechen würde. Leon ging dennoch wie magisch angezogen auf den Tisch zu, als plötzlich eines der Mädchen im Übereifer ihrer Freundin die Testdose zu heftig aus der Hand riss. Sie stieß dabei ihre Freundin gegen den Tisch, so dass alles ins Wackeln kam und der gesamte Aufbau einstürzte. Die Geschenkpäckchen fielen auf den Boden, purzelten übereinander, hierhin und dorthin, und es entstand ein kleiner Tumult. Aus den Augenwinkeln sah Leon, dass ein anders Mädchen im Versuch zu helfen gegen eines der Päckchen trat, so dass es ein Stück weiter schlitterte und halb unter dem nächsten Regal landete. Leon schaute sich schnell um, aber niemand achtete auf ihn. Sein Herz schlug schneller, als er – wie auf der Suche nach einem guten Tee – auf das Regal zuging. Und noch heftiger klopfte sein Herz, als er seinen Rucksack, dessen vordere Tasche immer noch offen stand, direkt neben das fast verborgene Päckchen auf den Fußboden stellte.Langsam beugte Leon sich immer weiter hinunter, murmelte dabei vor sich hin: „Rooibusch Vanille … Rooibusch Karamel … wo ist denn bloß ...“ und hockte sich schließlich neben seinen Rucksack, um scheinbar die unterste Reihe mit Teesorten ganz genau zu studieren. Er nahm eine Packung Wildkirschtee in die Hand, wendete sie und tat so, als ob er die Inhaltsstoffe genau studieren würde. Dabei schaute er an der Packung vorbei auf das goldglänzende Päckchen unter dem Regal, das genau in Griffweite lag. Sein Herz klopfte zum Zerspringen. Er müsste jetzt nur den Tee wieder wegstellen, dann das Päckchen mit einer schnellen Bewegung unter dem Regal hervorholen, in seinen Rucksack legen und dann … „Kann ich Ihnen helfen?“ fragte eine freundliche Stimme von oben. Leon hätte sich vor Schreck fast auf sein Hinterteil gesetzt und wurde knallrot. Er blickte auf und sah in das Gesicht einer erstaunlich jungen Verkäuferin, die ihn zwar anlächelte, aber irgendwie auf eine sehr merkwürdige Art. Leon wollte gerade verneinen, da sagte sie laut: „Natürlich haben wir Husten- und Bronchialtee, aber der steht hier drüben, bei den Arzneitees. Kommen Sie doch einfach mit.“ Sie drehte sich um und ging los, drehte sich aber wieder um und schaute ihn auffordernd und mit einer gewissen Dringlichkeit an. Leon war ziemlich verwirrt und sein Herz schlug immer noch viel zu schnell, aber was blieb ihm anderes übrig, als ihr zu folgen?Leon stand aus der Hocke auf, nahm seinen Rucksack und trottete etwas verwirrt hinter der Verkäuferin her, die jetzt betont fröhlich flötete: „So, hier sind schon die Arzneitees. Schauen Sie doch mal, mögen Sie lieber Thymian oder doch eher etwas mit Eukalyptus?“. Sie hielt bereits zwei Teepäckchen in der Hand und drehte sich so, dass sie Leon direkt gegenüber stand. Für jeden Beobachter sah es so aus, als würde sie ihn intensiv beraten und mit ihm gemeinsam die Inhaltsstoffe vergleichen. Während sie ihren Mund zu einem professionellen Lächeln verzogen hatte und seine Entscheidung abwartete, sprach sie, ohne ihre Lippen oder eine Miene zu verziehen, weiter: „Mach keinen Scheiß, okay? Direkt hinter dir eben, der Mann in der Lederjacke, das war unser Ladendetektiv. Der hatte dich genau im Visier und hat nur gewartet, bis du was in deinen Rucksack packst.“Leon wurde eiskalt. Er schluckte und sah die Verkäuferin an. Jetzt konnte er auch ihr Namensschild erkennen: „Nina Peters, Aushilfe“, stand darauf, und das erklärte auch ihr Alter. Von der Nähe betrachtet sah sie wirklich kaum älter aus als er selbst. Mit fast trockenem Hals sagte er: „Äh … Thymian … nee, das mag ich nicht, haben Sie … hm … haben Sie was mit … äh, Dings ... Salbei?“Nina unterdrückte ein Kichern, griff eine weitere Packung und sie spielten ihre Rollen von Kunde und Verkäuferin weiter. Nun tuschelte sie ihm zu: „Du kannst nirgendwo mehr einfach was einstecken. Überall sind versteckte Kameras oder Ladendetektive. Außerdem geht spätestens beim Rausgehen der Alarm los. Also, probier's gar nicht erst, okay?“ Leon nickte bedröppelt, hustete verlegen und sagte: „Ach so, danke, diesen Tee habe ich glaube ich noch zuhause.“ Er schämte sich furchtbar, nahm seinen Rucksack und ging zügig aus der süßlich duftenden Drogerie hinaus in die klare Winterluft.Gerade noch mal Glück gehabt ...
„Was hatte ich da gerade eigentlich vor?“ dachte Leon und sank auf eine eiskalte Metallbank in der Fußgängerzone. Klauen – das kam für ihn doch überhaupt nicht in Frage! Meine Güte, seine Mutter wäre am Boden zerstört, wenn er mit Polizeibegleitung zuhause abgeliefert würde. Sie wäre so dermaßen enttäuscht, denn Ehrlichkeit war ihr eigentlich immer wichtig. Sie würde sich schon total aufregen, wenn sie von den ganzen kleinen Lügen erfahren würde, die ihre Kinder Tag um Tag ihren Freunden auftischten und litt ja selbst unter ihrer Schwindelei der Nachbarin gegenüber. Aber Stehlen, eine echte Straftat? Leon schüttelte seinen Kopf heftig, damit er wieder klar denken konnte. Wenn diese Nina nicht eingegriffen und ihn auf so geschickte Weise von dem Detektiv weggelotst hätte … Leon wurde fast schlecht. Und so saß er auf der Bank, die Kälte kroch ihm durch die Schuhsohlen, während es langsam dämmrig wurde. Ein Leierkastenmann arbeitete sich durch die Fußgängerzone vor und spielte verschiedene Weihnachtslieder. Die Leute lächelten und warfen im Vorbeigehen einige Geldstücke in den gezückten Zylinder. Nicht einmal das konnte Leon tun. Im Sommer hatte er mal versucht, sich mit seiner alten Gitarre in die Fußgängerzone zu setzen und Musik zu machen. Er war ganz gut und spielte einige aktuelle Songs, zu denen er leise sang. Ein paar Euro kamen so zusammen, doch plötzlich standen zwei Polizisten vor ihm und wollten seine Genehmigung sehen. Die hatte er natürlich nicht, und so packte er seine Gitarre ein und verzog sich; die mageren 3,15 Euro durfte er netterweise behalten. Von dem Geld hatte er sich zwei Kugeln Eis gegönnt und dann noch spontan auf dem Markt eine einzelne Rose gekauft, die die Blumenhändlerin ihm mit einem bisschen Deko-Grün für 1,50 Euro überließ, weil die Blume „schon ein bisschen schlapp“ sei (was gar nicht stimmte, aber Leon fand das sehr nett von ihr). Die Rose hatte er seiner Mutter mitgebracht, die sich sehr gefreut hatte und die Blume im Wasserglas so lange auf dem Esstisch stehen ließ, bis sie wirklich komplett verwelkt war. Leon machte so gerne Geschenke und wusste heute noch, dass seine Mutter jedes Mal gelächelt hatte, wenn ihr Blick auf die Rose fiel. Wie gerne würde er ihr noch viel mehr schenken.Leon wollte nicht nach Hause, wollte in der Nähe der hell erleuchteten Drogerie bleiben, das Ziel seiner Wünsche noch nicht aufgeben. Trotzdem wusste er, dass es keinen Weg für ihn gab, das Geschenk für Birte zu kaufen. Er fühlte sich wie ein totaler Versager.„Ist dir nicht total kalt?“, sprach ihn jemand an. Uff, doch, … jetzt, wo er aus seinen düsteren Gedanken auftauchte, merkte er, dass er eigentlich ziemlich durchgefroren war. Er schüttelte sich kurz und hob den Kopf. Vor ihm stand Nina, ohne den weißen Kittel, aber mit einer dicken Jacke und einem bunten Schal. Ihr Atem bildete kleine Wölkchen. Leon stand auf, seine Füße waren wie Eisklumpen. Er schaute schnell auf die Uhr an der Fassade des Juweliers gegenüber, fünf Uhr war es erst, aber schon stockdunkel und ganz schön kalt. Nina redete weiter: „Du, ich habe jetzt Schluss für heute und wollte was Warmes trinken gehen. Magst du mitkommen?“Uff, das waren genau die Situationen, die Leon hasste: Jemand fragte ihn, ob er spontan etwas machen wollte; etwas trinken gehen, eine Pizza auf die Hand holen oder andere dieser Kleinigkeiten, die für Jugendliche ohne Geldsorgen völlig selbstverständlich waren. Doch bevor Leon noch in seinem müden Hirn nach einer Ausrede kramen konnte, sagte Nina: „Ich lade dich ein, heute ist nämlich ... äh, meine Probezeit abgelaufen und ich habe ... genau, ich habe einen Aushilfsvertrag bekommen. Das muss gefeiert werden. Also, kommst du?“, und schon drehte sie sich wieder rum und lief los. „Irgendwie trotte ich heute dauernd hinter dem Mädel her“, dachte Leon etwas verstimmt, als er genau das tat. Sie ging langsamer, bis er neben ihr war, und dann stiefelten sie durch die weihnachtlich geschmückte Fußgängerzone, während Nina pausenlos Belanglosigkeiten vor sich hinplapperte. Aushilfsjobs in dieser Drogerie wären total begehrt, sie hätte sich richtig bewerben müssen, dann gäbe es eine Probezeit, und nun könnte sie endlich dort langfristig arbeiten, zwei Stunden pro Tag … Leon hörte nur mit einem halben Ohr zu und versuchte, nicht auf Nina neidisch zu sein, die so einen guten Job ergattert hatte. Aber sie schien auch wirklich was drauf zu haben, und nett war sie außerdem. „Wie alt bist du eigentlich?“, platzte er mitten in einen ihrer nicht enden wollenden Sätze.Nina stoppte und guckte ihn halb gekränkt, halb belustigt an. „Na, du bist ja ein toller Zuhörer. Ich bin 14, also gerade erst geworden, im November, und dann durfte ich endlich einen Job suchen. Meine Mutter ist da total spießig und meinte immer, 13 wäre noch zu jung und ich sollte mich lieber auf die Schule konzentrieren. Aber mein letztes Zeugnis war ganz gut und so konnte sie nichts mehr sagen. An meinem 14. Geburtstag bin ich nachmittags schnurstracks zu mei… äh, also zum Filialleiter marschiert und habe ihn gefragt, ob … naja, blöd ausgedrückt, also ich habe mich halt beworben. Na, und den Rest kennst du ja.“Leon musste grinsen. Guck, da waren sie ja schon zu zweit. Er erzählte Nina von seiner Mutter und seinen eigenen Plänen für den Januar, als sie auch schon in einem kleinen Café angekommen waren und sich einen Tisch suchten. Bevor Leon noch nach dem preiswertesten Getränk auf der Karte suchen konnte, übernahm Nina schon wieder die Regie: „Magst du Zimt? Dann musst du unbedingt den 'Holiday Apple Cinnamon' probieren, mit Sahne. Okay?“, und ohne seine Antwort abzuwarten, bestellte sie zwei große Becher von dem Zeugs.Fast wie ein ganz normaler, sorgloser Teenager
Sie verbrachten tatsächlich eine ganze Stunde in dem Café, Nina bestellte ungefragt noch eine Runde von dem wirklich leckeren heißen Apfelkram, und sie quatschten, als ob sie sich schon seit Jahren kennen würden. Was sie irgendwie auch fast taten, denn Nina war eine Klasse über ihm. So hechelten sie gemeinsame Lehrer und andere Schulgeschichten durch und Leon war erstaunt, wie wohl er sich mit Nina fühlte. Gemeinsam gingen sie dann schließlich zum Fahrradständer und fuhren noch ein Stück gemeinsam, bis sich ihre Wege trennten. Auch, wenn er das Geschenk für Birte nicht bekommen hatte und nie bekommen würde, fühlte Leon sich zum ersten Mal seit langer Zeit rundherum gut und zufrieden. Er hatte ein richtig warmes Gefühl im Bauch – und das kam nicht nur vom Holiday Apple Cinnamon …Am nächsten Morgen schwang sich Leon gut gelaunt aus dem Bett und pfiff tatsächlich vor sich hin, was ihm einen grantigen Blick von seiner Schwester einbrachte. Er konnte es kaum erwarten, zur Schule zu fahren, und tatsächlich entdeckte er Nina in der großen Pause, wo sie mit ihren Freundinnen vor der Turnhalle stand. Sie grinste ihm zu und winkte ein bisschen, woraufhin sich natürlich alle ihre Freundinnen auch zu Leon umdrehten und dann wie verrückt auf Nina einredeten. Leon wurde knallrot, sah noch, wie Nina lachend die Augen verdrehte und dann machte er, dass er aus dem Blickfeld dieser Hühner verschwand. Trotzdem bekam er sein Grinsen den ganzen Tag nicht aus dem Gesicht und war in bester Laune. Die Hausaufgaben erledigten sich wie von selbst, er räumte sogar freiwillig die Küche auf, holte die Wäsche aus dem Wäschekeller und faltete sie ordentlich zusammen. Er hatte die ganze Wohnung für sich, denn heute ging seine Mutter direkt vom Büro aus zu ihrer einen Putzstelle, und Birte war von der Schule aus mit zu ihrer Freundin gefahren, um dort für die nächste Mathearbeit zu üben. Als wirklich gar nichts mehr zu tun war, schrieb er einen kurzen Zettel für seine Mutter und fuhr mit dem Rad zum Lebensmittelmarkt. Ab und zu schaute er dort vorbei, um mit Herrn Maurer ein bisschen zu reden und sich so im Gedächtnis zu halten. Nicht, dass ihm noch jemand seinen zugesagten Job vor der Nase wegschnappte. Herr Maurer stand vor dem Kühlregal mit den Milchprodukten und fluchte halblaut vor sich hin. Glücklicherweise war gerade kein Kunde in diesem Gang, also grüßte Leon und fragte, was denn los sei. „Ach, Leon, hallo. Mann, dieser Azubi macht mich noch wahnsinnig. Immer mit den Gedanken woanders und in der Pause sofort wieder am Handy. Jetzt guck mal hier: Kefir und Buttermilch stehen total durcheinander, ich meine, so was sieht man doch, oder nicht? Und außerdem hat er die 1,5-prozentige und die 3-prozentige Milch auch nicht vernünftig einsortiert, das ist doch wie Kraut und Rüben. Und ich habe gerade im Lager eine neue Lieferung bekommen, um die ich mich kümmern muss, während der Herr Azubi um Punkt 16:30 Uhr den Kittel an den Nagel gehängt hat.“Leon überlegte nicht lange: „Herr Maurer, soll ich das gerade eben neu sortieren? Ich weiß ja, hier kommt die Buttermilch hin, ins Regal drunter der Kefir, alles mit den Etiketten nach vorne … und die Milchkartons teile ich auch passend auf. Dann können Sie sich um die Lieferung kümmern.“Herr Maurer zögerte kurz und sagte dann: „Leon, du weißt … deine Mutter ...“„Ich will ja keine Bezahlung dafür“, sagte Leon schnell. „Ich bin doch aber eh gerade hier und kann Ihnen kurz aushelfen, da ist doch nichts dabei.“„Na gut … ich kann deine Hilfe wirklich gebrauchen. Meld' dich, wenn du fertig bist, ja?“, sagte Herr Maurer sichtlich erleichtert, und schon ging er im schnellen Schritt Richtung Lagerraum.Leon machte sich zielstrebig an die Arbeit, sortierte, räumte um, richtete die Verpackungen ordentlich aus und achtete die ganze Zeit penibel darauf, dass die Produkte gekühlt blieben. Mann, dieser Azubi war anscheinend echt eine Pfeife und hatte die Sachen einfach nur blind in die Kühlschränke gestopft. Nach einer knappen Stunde hatte Leon alles aufgeräumt. Kefir und Buttermilch standen wie die Zinnsoldaten in Reih und Glied, die Milch war dort, wo die Etiketten es anzeigten, und im Joghurtregal hatte er gleich auch noch ein bisschen Klarschiff gemacht. Seine kalt gewordenen Hände reibend ging Leon zum Lager. „Herr Maurer?“, rief er halblaut, worauf der Gerufene zwischen zwei Regalen auftauchte. „Schon fertig? Super, Leon, vielen Dank, du hast mir wirklich geholfen. Ich freue mich schon darauf, wenn du bald regelmäßig hier mit anpackst. Auf dich kann ich mich wenigstens verlassen. Sag mal, ich kann dir ja kein Geld geben, aber guck mal hier, das sind alles Sachen, die noch gut sind, die ich aber den Kunden nicht anbieten kann. Äpfel mit minimalen Druckstellen, Bananen mit Flecken, Aufschnitt und Käse, bei denen das MHD morgen erreicht ist … alle sowas. Nimm einfach, was du gerne magst und was du gebrauchen kannst, warte, ich hole dir eine Tüte.“Bald drückte Herr Maurer ihm eine große Tüte in die Hand und eilte gleich wieder in den Laden zurück. Leon packte so viel in die Tüte, wie hineinpasste … Mann, das war sein Glückstag, sogar diese Schoko-Wölkchen-Dinger, die Birte für ihr Leben gern aß, waren dabei. Und – er konnte es kaum glauben – eine komplette Packung Räucherlachs, die morgen ablief. Seine Mutter würde durchdrehen vor Freude. Leon bedankte sich noch mal bei Herrn Maurer, packte die Tüte auf den Gepäckträger und malte sich auf dem kurzen Heimweg aus, was für ein Gesicht seine Mutter machen würde, wenn sie seine 'Schätze' sah. Doch es sollte anders kommen ...